Parentifizierung

Parentifizierung beschreibt eine Dynamik, bei der Kinder Aufgaben oder Rollen übernehmen, die eigentlich den Eltern zustehen. Sie fühlen sich verantwortlich für das Wohlbefinden ihrer Eltern oder für familiäre Aufgaben, die ihre Fähigkeiten und ihr Alter übersteigen.
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Parentifizierung beschreibt eine Dynamik, bei der Kinder Aufgaben oder Rollen übernehmen, die eigentlich den Eltern zustehen. Sie fühlen sich verantwortlich für das Wohlbefinden ihrer Eltern oder für familiäre Aufgaben, die ihre Fähigkeiten und ihr Alter übersteigen. Diese Situation kann langfristige Auswirkungen auf die emotionale und soziale Entwicklung eines Kindes haben. In diesem Artikel erklären wir, wie es zur Parentifizierung kommt, welche Folgen sie haben kann und wie Eltern dieser Entwicklung entgegenwirken können.

1. Was ist Parentifizierung?

Parentifizierung tritt auf, wenn ein Kind eine Rolle übernimmt, die normalerweise einem Erwachsenen vorbehalten ist. Das kann in zwei Formen geschehen:

  • Instrumentelle Parentifizierung: Das Kind übernimmt praktische Aufgaben wie Kochen, Putzen oder die Versorgung jüngerer Geschwister.
  • Emotionale Parentifizierung: Das Kind fühlt sich für die emotionalen Bedürfnisse der Eltern verantwortlich und tritt als „Ratgeber“ oder „Tröster“ auf.

2. Warum kommt es zur Parentifizierung?

Parentifizierung entsteht oft in belasteten Familiensituationen, wie z. B.:

  • Psychische oder physische Erkrankung der Eltern: Wenn Eltern nicht in der Lage sind, ihre Verantwortung vollständig zu übernehmen, springen Kinder häufig ein.
  • Konflikte in der Partnerschaft: Kinder versuchen, Streitigkeiten der Eltern zu schlichten oder die angespannte Atmosphäre zu beruhigen.
  • Alleinerziehende Eltern: Kinder übernehmen häufig mehr Verantwortung, um den Elternteil zu entlasten.
  • Finanzielle oder soziale Belastungen: In wirtschaftlich angespannten Situationen übernehmen Kinder oft Aufgaben, um die Familie zu unterstützen.

3. Welche Folgen hat Parentifizierung für Kinder?

Die Übernahme von Verantwortung, die das kindliche Maß übersteigt, kann tiefgreifende Auswirkungen auf die Entwicklung haben:

  • Verlust der Kindheit: Kinder, die parentifiziert werden, haben oft weniger Zeit für altersgerechte Aktivitäten wie Spielen, Freundschaften oder Hobbys. Sie müssen früh erwachsen werden und verlieren wichtige Teile ihrer Kindheit.
  • Emotionale Belastung: Die Verantwortung, die sie übernehmen, führt oft zu Überforderung, Angst und Schuldgefühlen. Viele Kinder fühlen sich schuldig, wenn sie die Erwartungen nicht erfüllen können.
  • Langfristige Auswirkungen: Im Erwachsenenalter leiden viele Betroffene unter einem übermäßigen Verantwortungsgefühl, Schwierigkeiten, eigene Bedürfnisse wahrzunehmen, und einem geringen Selbstwertgefühl.

4. Wie können Eltern Parentifizierung vermeiden?

  • Verantwortung altersgerecht verteilen: Kinder sollten Aufgaben übernehmen, die ihrem Alter und ihren Fähigkeiten entsprechen. Zum Beispiel können sie beim Tischdecken helfen, aber nicht für die gesamte Haushaltsführung verantwortlich sein.
  • Emotionale Verantwortung entlasten: Eltern sollten darauf achten, dass sie ihre eigenen emotionalen Herausforderungen nicht auf ihre Kinder übertragen. Stattdessen können sie sich Unterstützung bei Freunden, Verwandten oder professionellen Beratern suchen.
  • Klare Rollen definieren: Kinder brauchen die Sicherheit, dass die Eltern die Verantwortung für die Familie tragen. Klare Grenzen und Rollenverteilungen helfen, diese Sicherheit zu stärken.
  • Unterstützung annehmen: Wenn Eltern überfordert sind, ist es wichtig, Hilfe anzunehmen – sei es durch professionelle Unterstützung, ein soziales Netzwerk oder staatliche Angebote.

5. Was tun, wenn Parentifizierung bereits stattgefunden hat?

Wenn ein Kind bereits parentifiziert wurde, können diese Schritte helfen, die Dynamik zu ändern:

  • Gespräch suchen: Sprich mit deinem Kind darüber, dass es nicht verantwortlich für die Erwachsenenprobleme ist, und bedanke dich für seine Unterstützung.
  • Belastung reduzieren: Übernimm wieder die Verantwortung, die deinem Kind abgenommen werden sollte, und gib ihm Raum, wieder Kind zu sein.
  • Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen: Ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut dabei helfen, die Rollen innerhalb der Familie neu zu definieren.

6. In Kürze

Parentifizierung ist ein ernstes Thema, das Kinder emotional und sozial belasten kann. Eltern sollten darauf achten, ihre Kinder nicht mit Aufgaben oder Rollen zu überfordern, die sie überfordern könnten. Mit bewusster Aufmerksamkeit, klaren Rollenverteilungen und der Bereitschaft, Unterstützung anzunehmen, kann die Gefahr der Parentifizierung minimiert werden. Kinder sollten vor allem eines sein dürfen: Kinder.